
Apotheken sind eine tragende Säule der niederschwelligen Gesundheitsversorgung – leicht zugänglich, kompetent und nah an den Menschen. Besonders bemerkenswert: 73,2% aller Approbierten und 96,6% aller pharmazeutisch-technischen Assistentinnen (kurz: PTA) in der öffentlichen Apotheke sind Frauen1. Damit tragen sie tagtäglich entscheidend zur Gesundheitsversorgung der gesamten Bevölkerung bei. Ihre Rolle verdient mehr Sichtbarkeit und Anerkennung – nicht nur als Expertinnen, sondern als Gestalterinnen eines gerechteren Gesundheitssystems.
Von insgesamt knapp 1,4 Milliarden Packungen im Jahr gehen 50 Millionen Packungen Ibuprofen jährlichen über den Apothekentisch1. Die dabei gestellte Frage des pharmazeutischen Personals, ob andere Medikamente genommen werden, erscheint vielen als nebensächlich und nervig. Doch wir fragen mit Hintergedanken - in unseren Köpfen rattern parallel alle Wirkstoffklassen durch, die sich nicht mit Ibuprofen vertragen. Blutverdünner ASS? Nur mit Abstand! Antidepressiva? Lieber ein anderes Schmerzmittel, da sich das Nebenwirkungsrisiko mit Ibuprofen erhöhen kann. Ist es überhaupt das richtige Arzneimittel für das Problem?
Wir versorgen gemeinsam 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr, beruhigen und beraten empathisch, stellen lebenswichtige Rezepturen in vorgefertigten Spritzen für ein Kind her, damit es an der Klassenfahrt teilnehmen kann und sind Lösungsfinder:innen, wenn Lieferschwierigkeiten wieder zuschlagen. Wir veranstalten Lange Nächte des Impfens, um das Impfangebot gegen Grippe niederschwelliger und die Impflücke zu schließen, bieten Medikationsanalysen und Inhalatorschulungen an, messen Blutdruck, Blutzucker, Vitamin D und vieles mehr, um uns als Apotheke als Point-of-Care-Standort zu etablieren. Wir sind erreichbar, wenn ärztliche Praxen geschlossen haben. Wir sind schneller als jede Internetapotheke - und das mit professioneller Beratung und freundlichem Lächeln.
Ein zentrales Zukunftsthema ist die geschlechtersensible Pharmakotherapie. Noch immer orientiert sich die Arzneimittelforschung primär am männlichen Körper. Die Folge: Frauen werden zu oft falsch diagnostiziert, ihre Schmerzen nicht ernst genommen und Medikamente in falscher Dosierung verabreicht. Diese strukturelle Ungleichheit muss überwunden werden. Wir brauchen geschlechterspezifische Richtlinien, offizielle Dosisanpassungen und ein Bewusstsein für die Gender Data Gap. Wir brauchen eine professionelle und interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Ärzt:innen, Pflegepersonal, Hebammen, Therapeut:innen und Krankenkassen, um Gesundheitsprävention zukunftsfähig zu machen. Das kann in der Apotheke vor Ort als primäre Anlaufstelle für Arzneimittelfragen gelebt werden.
Für eine Gesundheitsversorgung, die alle mitdenkt.
Autorinnen: Olivia Peter, Tilly Duderstadt